Straßenverkehr: Radfahren u.v.a., verkehrspsychologische Aspekte

1. Warum fahre ich Rad?

2. Psychologische Theorie über die visuelle Wahrnehmung der Autofahrer.

3. Plädoyer für eine grundsätzliche Umorientierung der Verhältnisse im Straßenverkehr

   

Vor etwa 25 Jahren habe ich mein Auto verkauft und bin freiwillig aufs Fahrrad umgestiegen, ich habe also so etwas wie "Silberhochzeit" mit meinem Rad. In der Zeit bin ich mehr als 100.000 km gefahren, also etwa 2 1/2 mal um die Erde!

Ich habe in dieser Zeit unheimlich viel wunderschöne, beglückende und positive Erlebnisse und Stunden erlebt; wegen dieser Silberhochzeit habe ich mal versucht, die positiven Gründe des Radfahrens zusammenzustellen:

Warum fahre ich Rad, was ist das Beglückende am Radfahren?

- ich sitze und rolle
- ich bewege mich aus eigener Kraft
- Bewegung ist/macht Lust
- ich spüre mich
- ich habe den fast kompletten Rundumblick
- ich sehe die Welt
- ich höre die Welt
- ich rieche die Welt
- ich bin autark
- es kostet extrem wenig Geld
- es hält mich gesünder
- last but not least: [Wegfall von C minus:] ich verpeste nicht die Welt

Radfahren enthält wesentliche Elemente von Schwimmen und Fliegen:
wenn ich gehe, belastet mein – leider nicht unerhebliches – Gewicht die unteren Gelenke, Hüft-, Knie- und Fußgelenke und das tut manchmal weh; ich muß jeden Schritt aktiv machen, wenn ich den Energie-Input unterbreche, bleibt mein Körper sofort stehen!
Anders beim Radfahren: mein Gewicht sitzt auf dem Sattel, das ist ein bißchen so wie beim Schwimmen, nicht gerade ganz schwerelos, aber die unteren Gelenke sind deutlich entlastet; und anders als beim Schwimmen ist der Luftwiderstand so ähnlich wie beim Fliegen: wenn ich den Energie-Input mal unterbreche, „fliege“ ich erst mal weiter!
Geht´s schöner? Nein!!!

Und dann die Wahrnehmung: wenn ich radfahre,
- habe ich einen fast kompletten Rundumblick, ich sehe viele Farben, die schier unendliche Variabilität des Grüns der verschiedenen Büsche und Bäume und des Blaus des Himmels, die Blumen in den Vorgärten, die Oberflächenstrukturen der Häuser usw. usw.,
- da ich ohne Knöpfe im Ohr fahre, höre ich die Geräusche der Welt!

Manchmal entsteht (auch) beim Radfahren ein Flowgefühl, das ist mit so das beglückendste, was man erleben kann: das Blut und alle verfügbare Energie fließt durch den ganzen Körper, läßt einen von den Haarspitzen bis zum Ende des dicken Zehs mit sich selber eins und identisch fühlen, man hat auf einmal mehrere Aha-Erlebnisse - vorher unzusammenhängende Gedankensplitter verbinden sich plötzlich zu Erkenntnissen! Und das alles ohne Drogen!

Kurz: beim Radfahren spüre ich wie sonst selten, daß ich lebe!

Der Mensch lebt nicht alleine, man begegnet immer anderen Menschen - mehr oder weniger beglückend; somit auch beim Radfahren: ich begegne anderen Radfahrern, Fußgänger, Auto- und Lkwfahrern, Polizisten und vielen anderen Menschen, und diese Begegnungen finden in unterschiedlichen Kontexten statt.

Wenn ich mich außerhalb meiner Wohnung befinde, bewege ich mich im "öffentlichen Raum", dort bin ich automatisch "Verkehrsteilnehmer".

Manchmal ist Radfahren nicht beglückend, manchmal ist es - sehr - ärgerlich, manchmal tut es - sehr - weh, und manchmal ist es auch - ohne sehr - tödlich! Ich lebe noch - und hoffentlich noch einen Weile und hoffentlich werde ich nicht zu Tode gefahren!

Ich bin u.a. auch Psychologe und die Art, wie ich mich in der Welt und die Welt um mich herum wahrnehme, ist auch von meinem Sosein als Psychologe beeinflußt. Schon im 1. Semester habe ich gelernt, der eigenen Wahrnehmung zu mißtrauen, z.B. führt die fokussierte Wahrnehmung von Sachen, über die man sich ärgert, zu völlig unrealistischen Häufigkeitsvermutungen und Vorurteilen. Da hilft - und das ist durchaus als psychologische Erkenntnistechnik zu beschreiben - protokollieren und Strichliste machen. Z.B. hatte ich vor etlichen Jahren mal den Eindruck, daß fast alle Radfahrer, die mir im Dunkeln entgegenkommen, ohne Licht fahren. Dann habe ich ein halbes Jahr aufmerksam gezählt und siehe da: es waren nur 10%; das ist immer noch viel zu viel, aber es sind nicht alle. Anderes Beispiel: ich mußte auf meiner Arbeit alle zwei Wochen einen Vortrag über Streß und Streßbewältigung halten und habe dabei u.a. Radfahren als nahezu ideale Streßbewältigungsstrategie propagiert; es kam immer in den anschließenden Diskussionen das Argument, daß es doch viel zu oft regnen würde; ich habe daraufhin zwei Jahre (1997 und 1998) lang jeden Tag das Wetter protokolliert auf dem Weg zur Arbeit und nachmittags zurück und siehe da: es regnete in den beiden Jahren so selten, daß ich nur zweimal pro Jahr die Gummihose anziehen mußte! Hingucken, protokollieren, zählen, Strichliste machen relativiert die eigene Wahrnehmung und läßt sie realistischer werden.

Wenn sich dann aber unangenehme Ereignisse, die ich überhaupt nie haben will - wie z.B. das Überholtwerden im Abstand von 2 cm unten an der Pedale - häufen, dann fange ich an darüber nachzudenken, wie so etwas passieren kann, welche begünstigende und behindernde Faktoren da mit rein spielen können, wie die handelnden Menschen, die so etwas machen, ticken und welche gesellschaftlichen Bedingungen solche Verhaltensweisen fördern. Dann schreibe ich mal was auf und bearbeite das solange, bis es mir stimmig und rund erscheint.

-----------------------------------------------------------------------------

Kurzgefaßte psychologische Theorie über die visuelle Wahrnehmung der Autofahrer


1. Anfangsbeispiel

Radfahrer erleben in endlosen Varianten das Phänomen, daß sie im Straßenverkehr von Autofahrer gesehen werden, diese aber nicht auf sie reagieren:

„der hat mich doch gesehen!“

Ein Beispiel zur Erläuterung: ein Autofahrer will vom Parkplatz eines großen Baumarktes kommend nach Hause fahren; die Ausfahrt führt erst über einen Gehweg, dann über einen Radweg, dann kommt der abgflachte Bordstein und dann die Straße.

Der Radfahrer (ich) fährt auf dem Radweg in vorgeschriebener Richtung; er sieht, daß ein Auto ganz langsam aus dem Parkplatz fährt, der Autofahrer schaut (von sich aus gesehen) nach links,

er sieht ihn (den Radfahrer, mich), schaut ihn an

und rollt ohne zu bremsen über den Fußweg und über den Radweg bis zum Bordstein:
der Radfahrer muß Vollbremsung machen, um nicht vom Autofahrer überfahren zu werden!

Eine Situation, die in tausend Varianten jeder Radfahrer kennt: Stürze und Halbstürze sind dabei an der Tagesordnung! Dabei geht einem immer wieder der Gedanken durch den Kopf: „Verdammt noch mal, der sieht mich doch! Warum bremst der nicht?“


2. Wie nimmt ein Autofahrer sich in der Umwelt wahr?

Nachdem ich mehrfach solche Situationen erlebt habe, ist mir plötzlich und schlagartig klar geworden, daß ich in meiner Diplomarbeit derartiges Verhalten auf wesentlich elaborierterer, allgemeinerer Ebene behandelt habe und somit in der konkreten Anwendung dieses Autofahrerverhalten erklären kann.

Das Verhalten dieses Autofahrers ist erklärbar mit der
„Theorie des kontextorientierten Suchens“.
Es geht dabei um den Zusammenhang von aufmerksamer Wahrnehmung und Entscheidungsprozessen . (In den Jahren 1973 - 75 habe ich an meiner Diplomarbeit in Psychologie gearbeitet. Sie hatte den Titel: "Analyse von Erkennungsprozessen; ein Trainingsexperiment zum Alternativeneffekt beim visuellen Suchen". Es ging dabei kurz gesagt darum, zu analysieren, wie aufmerksame Wahrnehmung funktioniert, welche Prozesse dabei ablaufen und wie schnell sie ablaufen.)

Diese Theorie soll an einem Beispiel erläutert werden:

Jemand geht in ein Kaufhaus, um eine dunkelgrüne Hose zu kaufen; er schaut über die Stangen von Hosen, erst langsam und dann immer schneller; irgendwann stockt der Blick; er hat eine grüne Hose entdeckt und prüft sie nun genau, ob die Farbe der gewünschten Zielfarbe entspricht. Wenn das nicht der Fall ist, huscht der Blick weiter, wobei die zu Anfang zögerliche Geschwindigkeit des „Huschens“ ganz bald erheblich ansteigt; und immer, wenn etwas Grünes entdeckt wird, stockt der Blick und prüft die Zielfarbe ab.

Dieser Ablauf, der Wechsel von schnellem Drüberhinweghuschen und aufmerksamem, genauem Prüfen, beschreibt die „Theorie des kontextorientierten Suchens“. Diese Theorie kann erklären, warum und wie Such- und Aufmerksamkeitsprozesse extrem schnell ablaufen können.

Hier also an diesem Beispiel: man schaut über die erste Stange und prüft zu Anfang einige wenige Hosen einzeln darauf ab, ob sie dunkelgrün sind; wenn die Antwort jeweils "Nein" lautet, geht der Blick und damit der aufmerksame Prüfprozeß zur nächsten Hose weiter.

Diesen anfänglichen, langsam ablaufenden Prüfprozeß nennt man:
zielorientiertes oder targetorientiertes Suchen.

Dabei bildet sich im ZNS sehr schnell innerhalb weniger Sekunden ein Muster von gewisser Breite (mehrere Hosen) heraus mit der internen Bezeichnung:
"so sieht ein Haufen Hosen aus, in dem KEINE dunkelgrüne ist"
also eine "ziellose Umgebung" oder (Fachjargon) "targetloser Kontext". (Ein bis dato unbekanntes Ergebnis meiner Diplomarbeit bestand darin, daß ich nachgewiesen habe, daß sich solche Kontexte innerhalb von Sekundenbruchteilen bilden!)

Nun geht das Suchen wesentlich schneller, weil jeweils solch ein ganzer Haufen Hosen nur noch kurz darauf abgecheckt werden braucht, ob er dem targetlosen Kontext entspricht; wenn „Ja“, dann geht es blitzschnell weiter zum nächsten Haufen Hosen.
Diesen Prüfprozeß nennt man kontextorientiertes Suchen.

Erst wenn ein „Nein“ kommt, wenn also etwas Grünes das Drüberhinweghuschen des Blickes gestoppt hat, setzt wieder die zielorientierte Aufmerksamkeit ein und das Loch im Kontext wird überprüft, ob es dem Target (dunkelgrüne Hose) entspricht.

Das kontextorientierte Suchen erlaubt es uns, wesentlich schneller zu suchen und zu handeln - weil aufmerksamkeitsfreier!

Soweit in Kürze die „Theorie des kontextorientierten Suchens“.

Wenn man jetzt die Elemente aus dem Hosensuchbeispiel auf die Realität des Autofahrers überträgt, der aus dem Baumarktparkplatz kommt, sieht dies so aus:

der Autofahrer kommt aus dem Parkplatz und will auf die Straße, er schaut nach links und sucht eine Lücke im Autostrom. Das ist sein Ziel, sein „Target“!
Da jedes Ziel (Target) eine blitzschnell gebildete Umgebung (Kontext) hat, hat also dieses Target folgenden Kontext:
das gesamte Blickfeld, alles andere, was er visuell wahrnimmt, ist für ihn „Kontext“: der Himmel, die Häuser, die Straße, der Autostrom, die Armaturen seines Autos, seine Hände am Lenkrad: alles was er sieht ist der Kontext namens:
„Nicht-Lücke-im-Autostrom“!

Seine Augen huschen aufmerksamkeitslos darüber hinweg. Erst eine Lücke in diesem Kontext erzeugt Aufmerksamkeit und die zielorientierte Frage: „ist die Lücke groß genug?“

Alles andere, was er sieht, löst KEINE Aufmerksamkeit aus!

Ein Großteil der Situationen, die man als Radfahrer erlebt, wenn man sich entsetzt fragt, wie denn der das nur machen kann, da er einen doch gesehen hat, sind mit dieser Theorie erklärbar.


3. Generalisierung der Theorie des kontextorientierten Suchens:
das Verhalten von Autofahrern im Straßenverkehr

Ich komme zurück auf mein Anfangsbeispiel: der Autofahrer hat eine Lücke im Autostrom entdeckt, bei der er erkennt, daß sie groß genug ist, um auf die Straße zu fahren und sich in den fließenden Verkehr einzureihen. Er fährt auf der Straße. Was ist jetzt sein Target und was ist targetloser Kontext? Sein Ziel ist, von A nach B zu kommen, z.B. nach Hause zu fahren; alles was er jetzt sieht und wahrnimmt, was nicht sein zu Hause ist, gehört zu seinem targetlosen Kontext: die Straße, die Kurven, die Kreuzungen, ja sogar die Ampeln gehören zum targetlosen Kontext, die keinerlei Aufmerksamkeit und Entscheidung auslöst! Nur wenn er z.B. eine andere Musik hören will (ein anderes Target), wird seine Aufmerksamkeit ausgelöst, während sein Auto weiterrast, verläßt er den Kontext „nach Hause“, schaut aufmerksam aufs Radio und entscheidet sich, auf den Knopf für Sendersuchlauf zu drücken; ist das Ziel erreicht – genehme Musik – wendet er sich wieder seinem Kontext „nach Hause“ zu und

schwimmt weitgehend entscheidungsfrei im nichtaufmerksamkeitsfordernden Kontext!


und zwar mit hoher Geschwindigkeit, denn – siehe oben - das kontextorientierte Suchen erlaubt es uns, wesentlich schneller zu suchen und zu handeln weil aufmerksamkeitsfreier!

Die hohe Geschwindigkeit der Autofahrer ist eine unmittelbare Konsequenz des targetlosen, aufmerksamkeitsfreien Kontextes. Das krasseste Beispiel dafür ist die Autobahn: hier ist von der Behörde der Autofahrerkontext schier unendlich versimplifiziert worden, hier wird nirgendwo eine Entscheidung gefordert: hier darf, kann und muß schnell gefahren werden!

Hier spätestens kommt ein weiterer entscheidender Faktor zur Erklärung des Autofahrerverhaltens ins Spiel: die Straßenverkehrsbehörde: sie macht ALLES, damit der Autofahrer weitgehend entscheidungsfrei im nichtaufmerksamkeitsfordernden Kontext schwimmen kann!
- Sie definiert: Straße ist da, wo Autofahrer fahren – ja sie geht noch einen Schritt weiter, sie spricht nicht von Autofahrern, sondern von Autos, als wenn Autos sich verhalten könnten!
- sie sperrt mögliche aufmerksamkeitsauslösende Störungen (Radfahrer, Fußgänger) so weit als möglich von der Straße weg; einfaches Beispiel: ein Zebrastreifen löst Aufmerksamkeit und Entscheidung aus, eine Ampel und somit auch eine Fußgängerampel nicht; also werden immer mehr Zebrastreifen in Fußgängerampeln umgewandelt zum eindeutigen Nachteil für die Fußgänger, die dann nämlich nicht automatisch Vorrecht haben, sondern dieses erst beantragen müssen – der Autofahrer hat ja immer Grün. Das wirklich perverse an dieser Entwicklung ist die allgemeine Begründung: das machen wir nur zu Ihrer (Fußgänger) Sicherheit! (Nach der „Machtübernahme“ der Nazis wurden engagierte Christen, Gewerkschaftler und Sozialdemokraten nur zu ihrer eigenen Sicherheit in KZs gesperrt! Diese Bemerkung ist bewußt zynisch und unpsychologisch, aber pervers stimmig!)


Zusammenfassung:

Wir haben hier also zwei Sätze, die fast das ganze Verhalten von Autofahrern im Straßenverkehr erklären:

A): Der Autofahrer schwimmt weitgehend entscheidungsfrei im aufmerksamkeitslosen Kontext!

B): Die Straße ist ausschließlich für die Autos da!

Weil der Autofahrer entscheidungsfrei im aufmerksamkeitslosen Kontext schwimmt,
ist die Straße nur für Autos da.

Weil die Straße eigentlich nur für Autos da ist (und die anderen da nichts zu suchen
haben) kann er aufmerksamkeitslos schwimmen.

Ein wesentlicher Bestandteil des aufmerksamkeitslosen Schwimmens ist die Geschwindigkeit.

Weil der Autofahrer aufmerksamkeitslos schwimmt, tut die Straßenverkehrsbehörde alles, um ihm Störungen dieses Zustands vom Leib zu halten: Fußgänger, Radfahrer etc. müssen WEG!

Weil die Straße für Autos da ist, schwimmt der Autofahrer aufmerksamkeitslos und nimmt
Störungen, die NICHT AUTO SIND, wegen seiner ihm eigenen kontextangepaßten Geschwindigkeit viel zu spät war. Da die Geschwindigkeit nicht störungsangepaßt ist, tauchen für ihn diese Störungen immer ganz plötzlich auf, z.B. Radfahrer die „mit 100 Sachen angerast kommen“!


Nachsatz:

Als ich vor 25 Jahren auf mein Auto verzichtet habe und aufs Rad umgestiegen bin, hatte ich in den ersten zwei Jahren viele Unfälle, Stürze, Platten, schmerzhafte Borsteinbegegnungen usw. Als ich dann mein „Aha“-Erlebnis hatte (s.o.), erkannte ich auch, daß ich offensichtlich genauso Fahrrad gefahren bin, wie ich vorher Auto gefahren bin, nämlich entscheidungsfrei im nichtaufmerksamkeitsfordernden Kontext geschwommen bin!

Sehr schmerzlich erkannte ich, daß der Radfahrerkontext ein völlig anderer ist, daß ich meine Aufmerksamkeit permanent auf alles Mögliche richten muß:
- Löcher auf der Straße, durch Wurzel verursachte Hubbel, Scherben, Brennessel, Brombeerranken, Gitter und Sperranlagen, Bordsteine, Straßenschilder in Kopfhöhe, Straßenbahn- und Eisenbahnschienen, Tellerminen usw.
Als Essen und das Ruhrgebiet Kulturhauptstadt war, wurde die Autobahn 40 für ein Wochenende für Fußgänger und Radfahrer freigegeben; ich bin von Wattenscheid bis Dortmund gefahren: sehr nachhaltig ist mir in Erinnerung geblieben, wie popoglatt der Asphalt einer Autobahn ist, so einen angenehmen Straßenbelag habe ich als Radfahrer noch nie erlebt!
- Und ich muß vor allem meine Aufmerksamkeit richten auf die ganzen Autofahrer, die in mir keinen anderen Verkehrsteilnehmer sehen, sondern eine Störung, die aggressiv weggemacht werden muß! Autofahrer zwingen mich, mich in sie hineinzuversetzen und vorherzusehen, welchen Scheiß sie gleich machen werden: ich bin permanent bremsbereit!
- Und auch auf Fußgänger muß ich permanent achten; wenn die nämlich die Straße überqueren wollen, schauen die meistens nicht mehr nach links, sondern die hören nach links – und wenn dann kein lautes Auto kommt sondern ich als geräuschloser Radfahrer, dann latschen die los und ich muß vorher wissen, was die tun wollen!

Ich glaube mittlerweile, daß das aufmerksamkeitslose Schwimmen das eigentlich verführerische am Autofahren ist!

---------------------------------------------------------------------------------

Hier folgen Überlegungen, die unter anderem auch psychologisch entstanden und begründet sind:

Plädoyer für eine grundsätzliche Umorientierung der Verhältnisse im Straßenverkehr am Beispiel der Ampelproblematik:

Ich bekenne:

„ich fahre bei Rot über Ampeln!“


Radfahrern wird oft pauschal vorgeworfen, daß sie bei Rot über die Ampel fahren und wenn dann mal einer dabei erwischt wird, redet er sich meistens schuldbewußt mit irgendwelchen haarsträubenden Ausreden raus!

Ich drehe den Spieß um, ich rede mich nicht raus, sondern ich bekenne offen, daß ich gelegentlich absichtlich und mit vollem Bewußtsein bei Rot über Ampeln fahre! Und ich begründe dieses „ordnungswidrige“ Verhalten folgendermaßen:

1.: Bei Induktionsampeln kann ich nicht vorhersagen, ob sie auf mich reagieren.
2.: Es gibt Ampeln, die sind für Autofahrer sinnvoll, für Radfahrer aber nicht.
3.: Ampeln sind undemokratische Zwangsmaßnahmen, ihre Übertretung ein Tabubruch.
4.: Die Ampelinflation ist neurotisch.
5.: Verkehrsverflüssigung und Verkehrsberuhigung gilt nur für Autofahrer.
6.: Die Taktung der Fußgängerampeln ist für Radfahrer unsinnig.
7.: Ampeln sind für Autofahrer erfunden worden.
8.: Der Gesetzgeber will nicht, daß Radfahrer – entgegen gebetsmühlenartig wiederholter Propaganda – Verkehrsteilnehmer wie alle anderen sind.
9.: Warum heißt der Kotflügel „Kotflügel“?
10.: Die StVO ist grundgesetzwidrig.

1. Als ich 1984 nach Bonn gezogen war, habe ich hier zum ersten Mal in meinem Leben induktionsstreifengesteuerte Ampeln erlebt. Wenn ich dann nachts um 2 Uhr mit meinem Fahrrad die B9 an der Wurzerstraße überqueren wollte, sprang die Ampel nicht auf Grün, ich konnte machen was ich wollte, bis hin dazu, daß ich mein Rad quergelegt über die Induktionsschleife geschoben habe! Die Ampel sprang nicht auf Grün. Zu der Zeit habe ich bemerkt, daß einige Ampeln auf mein Fahrrad reagiert haben und einige nicht, ich konnte es aber nicht vorhersehen! Daraufhin habe ich diesen Umstand der Straßenverkehrsbehörde gemeldet und sie gebeten, die Ampeln dahingehend zu kennzeichnen, ob sie auf Fahrräder reagieren oder nicht. Mir wurde nicht geantwortet. Bei der 3. Wiederholung meines Briefes habe ich die Bitte in eine Aufforderung umgewandelt: es erfolgte überhaupt keine Reaktion, weder wurde mir geantwortet, noch wurden die Ampeln gekennzeichnet!

Ich habe daraus den logischen Schluß gezogen:
a) eine induktionsgesteuerte Ampel, die ich nicht auslösen kann, gilt für mich nicht und
b) Ampeln, bei denen ich nicht erkennen kann, ob sie auf mich reagieren, gelten für mich auch nicht!

Jetzt – 31 Jahre später – stelle ich fest, daß es immer noch Ampeln gibt, die auf mein Fahrrad nicht reagieren! Also gilt ganz einfach erst einmal mein Grundsatz weiter: induktionsgesteuerte Ampeln gelten für mich nicht – nicht deswegen, weil ich mich etwa außerhalb der gesetzlichen Ordnung stellen würde – nein, ich kann sie nicht auslösen bzw. weiß nicht, ob ich sie auslösen kann!

2. Ich bin kein Selbstmörder, deswegen fahre ich nicht über alle roten Ampeln!
Es gibt sinnvolle Ampeln und völlig sinnlose Ampeln und ich erlaube mir, zu entscheiden, daß ich in der Lage bin, diese Unterscheidung treffen zu können!
Die Verwaltungsvorschrift zur StVO bestimmt, daß Ampelanlagen nur dort aufgestellt werden dürfen, wo sie den Verkehrsablauf verbessern und nur dann, wenn ein Sachverständiger die Notwendigkeit geprüft und die Verbesserung bestätigt hat. Was der Gesetzgeber hier natürlich nicht sagt, aber meint, besteht darin, daß er nur die Verbesserung des Verkehrsablaufes der Autofahrer im Blick hat! Wäre dem nämlich nicht so, müßte an Stellen, wo mehr Fußgänger als Autofahrer aufeinander treffen, die Fußgänger permanent Grün haben und Autofahrer ein Grün erst durch Induktionsschleife „beantragen“ müßten!
Ein für mich sehr unangenehmer Aspekt der roten Ampel realisiert sich bei Regen: wenn ich bei Rot stehen bleibe, wird mein Sattel naß, wenn ich dann weiterfahre, wird meine Hose naß; spätestens nach der 3. roten Ampel wird mein Hintern naß: das mag ich nicht und erst recht nicht, wenn die Ampel sinnlos ist. Wenn ein Autofahrer vor einer roten Ampel steht, sitzt er bequem in seinem Sessel und fährt bei Grün weiter. Der Autofahrer stelle sich mal vor, er müsse bei jeder roten Ampel aussteigen und jemand bespritzt seinen Sitz mit Wasser und an der nächsten Ampel wieder und an der nächsten Ampel wieder – denn grüne Welle gäbe es nur für Radfahrer! Das ist meine Realität bei Regen mit den vielen unsinnigen Ampeln, die grüne Welle nur für Autofahrer kennen!
Ich als Radfahrer nehme die Umwelt, in der ich mich bewege, völlig anders wahr als Autofahrer die ihre! Ich habe mal alle Autos in meiner Straße ausgemessen und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:

durchschnittlich befinden sich die Augen beim

Radfahrer: Autofahrer:
etwa 175 cm etwa 125 cm über dem Boden und
etwa 85 cm etwa 230 cm hinter der Vorderkante des
Fahrzeuges;
außerdem wird der Blickwinkel des Autofahrers durch seitliche Autoteile eingegrenzt!

Das bedeutet: ich habe meine Augen 50 cm höher und 145 cm vor den Augen des Autofahrers und mein Blick wird durch nichts behindert! Ich habe den ungehinderten Rundumblick, Autofahrer sehen signifikant weniger!

Wenn ich langsam auf eine ampelgesteuerte Kreuzung zufahre, sehe ich ohne abzusteigen, ob es kreuzenden Verkehr gibt – und das in der Regel mehrere hundert Meter weit nach rechts und links. Wenn dort kein kreuzender Verkehr ist, wird durch eine rote Ampel kein Verkehrsablauf verbessert! Nur dann aber dürfte da eine Ampel stehen!
Ein weiteres in Bonn sehr beliebtes Beispiel ist der Radweg, der parallel zur Bahn von Godesberg nach Bonn und umgekehrt führt: wenn die Schranke sich schließt und geraume Zeit vorher der Querverkehr Rot hat, macht es absolut keinen Sinn, den parallel verlaufenden Radverkehr während der gesamten Schließungsphase anzuhalten – und es wird dies auch nicht durch irgendeine Verordnung so bestimmt, entgegen der falschen Behauptung des Straßenverkehrsamtes! Darauf angesprochen sagte mir der Leiter des StVA: „Ich will das aber so!“!!!

Das leitet zum nächsten Punkt:

3. Der Geßlerhut: Ampeln haben in unserer demokratisierten Welt die Funktion des Geßlerhutes (siehe Wilhelm Tell): vor roten Ampeln muß stehen geblieben werden – egal ob das Sinn macht oder nicht, egal ob der Sinn einsehbar ist oder nicht: wer das nicht macht, rüttelt an einem wesentlichen und staatserhaltenden Tabu, der hinterfragt die Ordnung in unserem Staatswesen: die rote Ampel ist das Symbol der alles erhaltenden und alles umfassenden Ordnung in unserem demokratischen Rechtsstaat!

Bei Wilhelm Tell hat die Staatsmacht (Geßler) einen Hut aufgestellt, vor dem alle stehenbleiben und sich verbeugen mußten; wer das verweigerte, verweigerte die Akzeptanz der Macht des Staates! Wilhelm Tell hat sich verweigert und mußte zur Strafe einen Apfel vom Kopf seines Sohnes schießen!

Wir haben statt dessen rote Ampeln, vor denen man stehenbleiben muß - ohne irgend etwas zu hinterfragen. Daß das Überfahren der roten Ampel ein Tabubruch ist, erkennt man an den heftigen und z.T. völlig irrationalen Reaktionen derer, die einen dabei erwischen! Manche Autofahrer hupen wie wild und brüllen die wildesten Beschimpfungen und Beleidigungen durchs runtergelassene Fenster! Und auch die gebetsmühlenartig vorgetragene Behauptung vieler Polizisten – egal weswegen ich sie anspreche oder auffordere, tätig zu werden, erstmal schallt mir entgegen: „Radfahrer fahren bei Rot über die Ampel!“ Und man kann mit den allermeisten Menschen (= Autofahrern) darüber überhaupt nicht diskutieren!
Die neueste Konsequenz bei erwischter Rotübertretung steht im neuen Bußgeldkatalog: diese exorbitant hohe Strafe ist mit nichts anderem zu erklären als damit, daß hier mit aller staatlicher Gewalt ein Tabubruch unterbunden werden soll: wer rote Ampeln überfährt, rüttelt an den Grundfesten unserer demokratischen Grundordnung (das kenne ich doch noch von früher: als ich mir 1967 einen Bart habe stehen lassen, habe ich damit angeblich auch an den Grundfesten der demokratischen Grundordnung gerüttelt – dieser Schoß ist wahrlich immer noch fruchtbar!)

Im Gegensatz zu dieser irrationalen Einengung des Denkens sieht die Realität völlig anders aus. Da ich mittlerweile Rentner bin, habe ich mir mal die Zeit genommen, eine Stunde den Verkehr an der Kreuzung Hochkreuzallee / Godesberger Straße zu beobachten (sie liegt genau 1 km von meiner Wohnung entfernt und hat eine Ampel).
Ergebnis: in einer Stunde sind für mich wahrnehmbar etwa 30 (!) Autofahrer über die Kreuzung gefahren, obwohl längst Rot war, kein Radfahrer ist bei Rot gefahren, aber 10 Radfahrer wären beinahe von unachtsam abbiegenden Autofahrern angefahren worden! Das ist die Realität – nicht repräsentativ, aber bemerkenswert!

4. In Bonn stelle ich seit vielen Jahren eine Ampelinflation fest: an den unmöglichsten Stellen werden Ampeln aufgestellt, ohne daß man die in der VwV zu StVO festgelegte Verbesserung der Verkehrssituation feststellen kann.
Auf diese Inflation der Ampeln in Bonn läßt sich sehr genau die Watzlawick´sche
(s. Anleitung zum Unglücklichsein) Definition von Neurose anwenden:
"mehr desselben";
das bedeutet: wenn ein Problem besteht und man für dieses Problem eine gute Lösung gefunden hat, dann neigt der Mensch dazu, diese Lösung auf immer mehr Probleme anzuwenden (mehr desselben), bis die Lösungen nicht mehr "gut" sind, sondern "neurotisch"! So ist die Situation im Bonner Straßenverkehr!

5. Ampeln haben die vorgeschriebene Funktion der Verflüssigung des Verkehrs (im wesentlichen des Autoverkehrs!) und / aber auch die Funktion der Beruhigung des (Auto-)Verkehrs: weil Autofahrer sich offensichtlich grundsätzlich nicht an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten (können?), müssen sie mit Hilfe von unregelmäßig auf Rot springenden Ampeln ausgebremst (diszipliniert) werden! Das hat dann zur Folge, daß Autofahrer mit hoher Geschwindigkeit auf die grünen und gelben Ampeln zurasen, wenn sie halten mußten dann bei Grün wieder ordentlich Gas geben und dann macht die Stadtverwaltung wieder "mehr desselben", d.h. mehr Ampeln und mehr Bodenwellen, über die die meisten Autofahrer mit max. 10 km/h schleichen und dahinter dann auf 70 beschleunigen! Nur: weder mich als 15 – 25 km/h-fahrenden Radfahrer, noch die radfahrenden Mütter und Opas und Omas braucht man zu beruhigen, warum müssen wir an solchen Ampeln halten?
mitgegangen – mitgefangen - mitgehangen!

6. Fußgängerampeln: Wenn ich von der Straßenverkehrsbehörde gezwungen werde, auf schmalen gemeinsamen Geh-/Radwegen vorsichtig und rücksichtsvoll (was ich natürlich mache) im Abstand von z.T. nur wenigen Zentimetern an Fußgängern vorbeizufahren, dann macht es aus dieser Sicht überhaupt keinen Sinn, daß ich an einer roten Fußgängerampel stehenbleibe, wenn ich sehen kann, daß der einzige Fußgänger, der rübergegangen ist, schon 50 m weiter weg ist!

Und überhaupt, der Unsinn der Fußgängerampel: am Zebrastreifen haben Fußgänger immer und sofort und uneingeschränkt Vorrecht! Wenn aber der Zebrastreifen in eine Fußgängerampel umgewandelt wird, weil manche Autofahrer wie gesengte Säue fahren, verliert der Fußgänger sein Vorrecht und muß warten – denn sie sind immer so getaktet, daß Autofahrer per se Grün haben! Der Fußgänger wird bestraft und der Autofahrer wird belohnt! Der Fußgänger steht dann nämlich im Regen und wartet, obwohl er sieht, daß von links und von rechts NICHTS kommt – und dann ist da wieder ein „Geßlerhut“ und „mehr desselben“ und wehe, man erlaubt sich, bei Rot rüberzugehen, wenn Eltern mit Kindern da stehen: beschränkt sich die Erziehung zum mündigen Staatsbürger auf das sinnlose Einhalten roter Ampeln?


7. Eher grundsätzlicher Art erlaube ich mir, die Ampelregelung überhaupt zu hinterfragen:

Warum gibt es überhaupt Ampeln? Und warum sind sie so getaktet?

Ampeln haben einen Grund und eine Ursache:
Autofahrer sehen wenig, fahren aber schnell!

Um dies aufrechtzuerhalten, wird ihnen von offizieller Seite alles aus dem Weg geräumt, was sie daran hindern könnte und damit sie sich gegenseitig nicht über ein allgemein akzeptiertes Maß totfahren, brauchen sie Ampeln, die auf ihre eigene Bedürfnisse getaktet sind.

Wenn ich gelegentlich ein Auto fahre, wundere ich mich immer wieder, wie extrem eingeschränkt meine visuelle Wahrnehmung ist (s.o.), es ist nur ein bißchen übertrieben, wenn ich sage, Autofahrer fahren fast blind! Damit aber diese Wahrnehmungseinschränkung nicht zu permanenten Unfällen führt, ist das Verhalten der Autofahrer extrem reguliert: Vorfahrtsregelung, Stopschilder, Ampeln, Leitplanken. (Und auch hierin – in der exzessiven Reglementierung - ist die Wut vieler Autofahrer zu verstehen, wenn sie sehen, daß ein Radfahrer bei Rot rüberfährt!). Wenn ein Autofahrer auf eine Kreuzung zufährt, sieht er erst einmal nicht, was rechts und links vor sich geht und oft ist es so, daß er dann, wenn er den kompletten Überblick hat, schon mit 2 Metern seiner Autoschnauze auf der Querfahrbahn steht! Deswegen „muß“ da eine Ampel hin!

Aber was hat das mit mir zu tun? Im Gegensatz zu ihm sehe ich alles ohne anzuhalten! Offensichtlich gilt auch hier der Grundsatz:
„Mitgegangen – mitgefangen – mitgehangen!“

8. Denn ich bin ja angeblich ein Verkehrsteilnehmer wie alle anderen!

Dieser Satz ist aber leider hirnamputierter Unsinn!

Radfahrer sind NICHT Verkehrsteilnehmer wie alle anderen!

Ich wünsche, es wäre so!

Die Realität ist aber eine komplett andere, nicht weil ich das so gerne hätte oder mir einer abgeht, wenn ich bei Rot rüberzufahre: NEIN,
a) der Gesetzgeber,
b) die Straßenverkehrsbehörde,
c) die Staatsanwaltschaft und die Richter,
d) die Polizei und schließlich
e) sehr viele (nicht alle!) Autofahrer behandeln mich als Radfahrer gänzlich anders als Autofahrer!

Hier nur einige wenige Beispiele:

zu a): das Straßenverkehrsrecht sagt: Fahrräder sind keine Fahrzeuge; Radwege sind keine Straßen; der Radfahrer kommt im Straßenverkehrsgesetz überhaupt nicht vor; für Radfahrer gibt es nur Ausnahme- und Sonderregelungen: s.o. alles was den Autofahrer behindern könnte, wird als Ausnahme definiert oder verboten, wie z.B.
just die einzige Klingel, die im Auto gehört werden könnte (grrrr!)!
zu b): Die Verkehrsführung für Radfahrer ist (bewußt?) chaotisch und oft überhaupt nicht einhaltbar, hierzu nur einige Bespiele:
- ich fahre auf der Straße, auf blauen Radwegen, auf weißen Radwegen (fälschlich „Sicherheitsstreifen“ genannt), die manchmal baulich getrennt sind oder mit einem durchgezogenen Strich von der Straße abgetrennt sind oder von einem unterbrochenen Streifen: jedesmal ist mein Rechtsstatus gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern ein anderer;
- oder: wenn ein Radweg und eine Autostraße sich kreuzen, gilt NICHT „rechts vor links“;
- wenn der rechte Radweg plötzlich endet, gilt NICHT „rechts vor links“;
- wenn ich gezwungen werde, auf die andere Straßenseite zu fahren, gilt NICHT „rechts vor links“;
- laut VwV zur StVO ist der links geführte Radweg ohne Ausnahme verboten: hält sich überhaupt irgendeine Verkehrsbehörde daran?
- In der Präambel zur StVO steht, daß Wege „stetig“ sein müssen: das gilt aber wieder mal und offensichtlich nur für Autofahrer und ihre Autostraßen, das gilt NICHT für Radfahrer und ihre Radwege: die fangen plötzlich an und hören plötzlich auf! Das schärfste, was mir damit passiert ist, war etwas außerhalb von Köln, als ich auf dem Weg zu einer Weiterbildung war: rechts war ein Radweg, plötzlich stand ich vor dem Schild „Durchfahrt verboten für Radfahrer, andere Straßenseite benutzen“; nachdem ich mich durch den laufenden Verkehr rübergehangelt hatte, sah ich, daß auf der anderen Seite dasselbe Schild stand! Ich habe die Polizei angerufen, die nach einer halben Stunde kam, und die gefragt, wo ich denn bitteschön fahren solle/dürfe; die haben sich die Situation angeschaut und sind wortlos abgehauen!
Die wenigen Schutzbestimmungen für Radfahrer in der VwV zur StVO werden unvorhersehbar mal eingehalten, mal nicht und meistens NICHT – es gibt ja keine Amtshaftung usw.! Dazu kommen wirklich nur als katastrophal zu bezeichnenden Wegeverhältnisse: Hubbel wegen querlaufender Wurzeln, Brombeerranken, Brennnesseln, Bordsteine und Sperranlagen auf Radwegen: ich habe mal gezählt, daß ich:

1 Bordstein alle 0,5 km d,h, pro 1 km: 2,0 Bordsteine
1 Bordstein alle 1´ 50´´ d,h, pro 1 Min: 0,5 Bordsteine

1 Barrikade alle 0,36 km d.h. pro 1 km: 0,7 Barrikaden
1 Barrikade alle 5´ 26´´ d.h. pro 1 Min: 0,2 Barrikaden habe!

Ein Bordstein ist ein Tritt ins Schambein und Schlag unter die Handgelenke,
Eine Barrikade bedeutet, daß meine gesamte Aufmerksamkeit davon absorbiert wird, nicht dagegen zu knallen und drumherum zu kommen und daß meine Aufmerksamkeit von dem mich umgebenden Verkehr abgezogen wird:
und das alles zu meiner eigenen „Sicherheit“!

zu c): Die Staatsanwaltschaft Bonn und die Oberstaatsanwaltschaft Köln weigern sich beharrlich bei schweren Verkehrsverstößen gegen Radfahrer, die nur wegen geistesgegenwärtiger Vollbremsung des Radfahrers nicht zum Tod oder schweren Verletzungen geführt haben, zu ermitteln mit der zynischen Begründung: „Es ist ja nichts passiert!“ Und wenn es dann trotzdem zu einem Verfahren kommt, wird der Radfahrer von den Richtern entweder in die Rolle des Prozeßhansels gerückt, oder er wird – wenn er es wagt seinen Mund aufzumachen- gerne mal verwarnt wegen Mißachtung der Würde des Gerichts! usw.

zu d): Die Polizei hat sich als Ordnungsmacht längst verabschiedet! Wenn ich es wage, hinter einem Polizisten herzubrüllen (wie soll ich mich denn im Straßenverkehr hinter einem Autofahrer sonst verständlich machen?), er solle gefälligst den vorgeschriebenen Seitenabstand einhalten, bleibt der im günstigsten Falle stehen und untersucht mein Rad genau auf StVZO-Verstöße – im Amtsdeutsch heißt das Amtsmißbrauch, der ist aber immer zu zweit, ich immer allein! Die Vorurteile der Polizisten habe ich oben beschrieben. Als ich mal in Godesberg einem älteren Radfahrer zu Hilfe geeilt bin, der erlaubterweise verkehrtherum in der Einbahnstraße gefahren ist, von Polizisten aber deswegen gerügt und verwarnt worden ist und dem sie sogar ein Knöllchen verpassen wollten, wurde mir mit Verhaftung gedroht. Wenn ich mich dann nicht erschrecken lasse, passiert es mir immer wieder, daß die sich plötzlich umdrehen und abhauen! Mir ist es auch oft passiert, daß ich in solchen unsinnigen Diskussionen mit Polizisten sage: „Schauen Sie mal, während sie mir hier was vorwerfen, was gar nicht regelwidrig ist, hat dieser Autofahrer dort eine Ordnungswidrigkeit begangen und der da drüben auch und die lassen sie alle laufen bzw. fahren – was soll diese Ungleichbehandlung? Sie sagen doch zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, daß Radfahrer Verkehrsteilnehmer wie alle anderen seien!“ usw.

zu e): Autofahrer verhalten sich zu Autofahrern völlig anders als zu Radfahrern.
Z.B.: wenn ich mit dem Auto links in meine Straße abbiegen will bei kontinuierlichem Gegenverkehr, läßt mich im Durchschnitt der 3. entgegenkommende Autofahrer durch – ich habe das monatelang gezählt. Wenn ich dasselbe mit dem Fahrrad mache, läßt mich niemand durch – auch das habe ich gezählt! Oder das Verhalten der entgegenkommenden Autofahrer ist so chaotisch uneindeutig, daß ich zu meiner eigenen Sicherheit nicht zu fahren wage. Grundsätzlich gilt, daß Autofahrer (nicht alle) das Verhalten, das sie gegenüber Fahrradfahrern an den Tag legen, gegenüber anderen Autofahrern nicht machen: abdrängen, schulmeistern, den Weg versperren, rücksichtslos Rücksichtsnahme erzwingen, gedankenlos übersehen usw. usw.


9. und überhaupt: „warum heißt der Kotflügel eigentlich Kotflügel?“

Im Anfang war die Straße und der Weg, und darauf bewegten sich Menschen mit und ohne Fahrzeugen und Tiere, und die Menschen schütteten ihre Nachttöpfe auf die Straße und die Tiere schissen einfach so auf die Straße und deshalb waren die Straßen voll Kot. Dann wurde das Fahrrad erfunden und es bestand keine Notwendigkeit, deswegen nun neue Gesetze und Verordnungen zu erlassen.
Als dann die Menschen aber mit Autos auf diesen beschissenen / verkoteten Straßen in bis dato nicht gekannter Geschwindigkeit fuhren, spritzte die allgegenwärtige Scheiße in alle Richtungen, d.h. die Autofahrer bespritzten andere und sich selber!

Um nun zu verhindern, daß die Autofahrer sich selber mit Kot bespritzten, wurde der KOTFLÜGEL erfunden:

er verhinderte überhaupt nicht, daß alle anderen Teilnehmer am Straßenverkehr
von den Autofahrern mit Scheiße / Kot bespritzt wurden, denn diese waren und sind den Autofahrern im wahrsten Sinne scheißegal!!!

Und danach erst wurde wegen dieses Soseins der Autofahrer das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung und die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung geschaffen!

Wenn ich Fahrrad fahre, bespritze ich niemanden mit Scheiße!


10. last but not least: Das Grundgesetz!

Das StVG, die StVO, die VwV zu StVO und damit auch die Ampeln und die Stopschilder gibt es nur wegen der Autofahrer und des Soseins der Autofahrer: alles ist darauf ausgerichtet, daß die Autofahrer möglichst unbelästigt von anderen so fahren können, wie sie es vermögen und wollen und deswegen ist die gesamte StVO grundgesetzwidrig, weil sie Autofahrer bevorzugt: das darf aber laut GG nicht sein! Der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes besagt, daß niemand bevorzugt oder benachteiligt werden darf – wegen gar nichts!

Das gesamte Verkehrsrecht (StVG, StVO, VwV StVO usw.) ist historisch gewachsen in einer Zeit, als das Grundgesetz noch nicht existierte, ja es ist in seinen Grundgedanken und der Grundstruktur erwachsen in der Phase zwischen Spätfeudalismus und Frühindustrialisierung. Es hat in der Folgezeit viele Änderungen gegeben, die aber alle nicht die Grundgedanken verändert haben und das Verkehrsrecht an das Grundgesetz angepaßt haben.

Eine wesentliche Quelle der Straßenverkehrsordnung ist die wesentlich ältere Wasserstraßenverkehrsordnung, die notwendiger war als eine Straßenverkehrsordnung, weil Schiffe – ursprünglich Segelschiffe – keine Bremse haben und nicht rückwärts fahren können. Die Wasserstraßenordnung läßt sich auf ganz wenige Elemente zusammenfassen:
- auf dem Wasser kann man schwimmen, wo man will;
- kein Schiffsführer darf den Kurs so ändern, dass er anschließend auf Kollisionskurs mit einem anderen ist;
- große Schiffe haben Vorrecht vor kleinen;
- und für Segelschiffe gleicher Größe gibt es eine windrichtungsorientierte Vorfahrtsregel.

Das Verkehrsrecht, insbesondere die StVO ist nicht menschenorientiert sondern fahrzeugorientiert (abgeleitet von der Schiffahrtsordnung): es wird von einem grundsätzlichen Vorrecht aller Menschen, die ein Kraftfahrzeug führen, ausgegangen; Menschen, die kein KFZ führen, insbesondere Fußgänger und Radfahrer, werden prinzipiell benachteiligt und ihnen werden zum Ausgleich Ausnahmerechte eingeräumt: das alles ist grundgesetzwidrig! Nach GG ist die Würde aller Menschen unantastbar und es ist die Pflicht aller stattlicher Einrichtungen, dies zu gewährleisten und nach GG sind alle Menschen gleich, das bedeutet, daß Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden muß.

Es wird endlich, über 60 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik, Zeit, das Verkehrsrecht an die Demokratie anzupassen!

Ich möchte hier erstmal nur einige Vorschläge machen, wie dieser Gedanke in die StVO einzupassen ist:

Rot = Änderung

§ 1 Grundregeln:

(1) Menschen bewegen sich im öffentlichen Raum. Sie sind gleich in ihren Rechten und Pflichten.
(2) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(3) Jeder Teilnehmer am Straßenverkehr hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
(4) Teilnehmer am Straßenverkehr sind sowohl alle Menschen, die sich im öffentlichen Raum bewegen, als auch alle, die aktiv und planend in den öffentlichen Verkehr eingreifen.

§ 2 Straßenbenutzung durch Fahrzeuge

(1) Fahrzeuge sind technische Geräte, die der Fortbewegung dienen.

(2) Fahrzeugführer müssen die Fahrbahn benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

usw. usw.

Entsprechend diesem neuen § 1 Abs. 4 StVO muß auch § 315b des Strafgesetzbuches
“Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr“ geändert werden:

§ 315b StGB

Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1. Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2. Hindernisse bereitet,
3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt oder
4. durch Planung oder verwalterische oder hoheitliche Akte existierende Gesetze oder
Vorschriften mißachtet

und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.


Die ganze Straßenverkehrsgesetzgebung und das Strafgesetzbuch müssen daraufhin durchgearbeitet werden, daß im öffentlichen Raum der Mensch als verantwortlich handelndes Subjekt gilt und nicht sein Fahrzeug und nicht sein Beruf (Beamter bei den Straßenverkehrsbehörden) – und somit das GG endlich auch auf der Straße gilt!